Eberbach: Die Uhr für die Rallye-Piloten tickt - Eberbach - RNZ

2021-12-29 08:31:10 By : Mr. Bruce Shen

In 130 Tagen wollen zwei Eberbacher im restaurierten Oldtimer-Transporter auf den Balkan. Die Spendenaktion für den Hospizverein läuft.

Samstags nach getaner Arbeit. Das Blech um den Kühler ist blank geschliffen. Lukas Beierer arbeitet weiter auf das Ziel hin, im Sommer mit seinem 45 Jahre alten Peugeot J7 bei der Balkan-Express-Rallye zu starten. Foto: Christofer Menges

Eberbach. Das Blech über dem Kühler des alten Peugeots J7 ist blitzeblank geschliffen, der Innenraum grundiert, etliche Roststellen sind geschweißt. Lukas Beierer steht am späten Samstagnachmittag neben seinem Tagwerk und ist müde. Der Staub klebt an der Arbeitskleidung. In seiner Garage in der Backgasse liegen abgeschrubbte, verstaubte Schleifscheiben auf dem Betonboden.

Er hat noch 130 Tage: Am Donnerstag, 19. August, soll der Peugeot von Dresden aus auf große Reise gehen: Auf die Balkan-Express-Abenteuer-Rallye. 4000 Kilometer in 14 Tagen durch 13 Länder. Ob das klappt, ist ungewiss. Die Uhr tickt, im Kleinen wie im Großen In der Werkstatt trägt man wegen des Schleifstaubs Maske, in der Welt außenrum wegen Corona.

Es gab schon Zweifel, ob es klappt. Neben dem Blech und dem Motor lagen auch schon die Nerven blank. "Neulich blieb einer vorm Garagentor stehen, schaute und sagte: Das schafft ihr eh nicht", berichtet Beierer, "das hat mir zusätzliche Motivation gegeben." Denn bei dem Oldtimer-Trip mit seinem Co-Piloten und Mechaniker Alexander Gernhardt geht es nicht nur um den Spaß, sondern auch um eine gute Sache: Mindestens 500 Euro müssen Spenden für einen von den Teilnehmern festgelegten Zweck vor auf der Reise gesammelt werden. Das ist Teilnahmebedingung.

Beierer und Gernhardt sammeln für den Hospizverein Eberbach-Schönbrunn. Damit deutlich mehr als das Ziel reinkommt, soll der J7 zu einem Eiswagen umgebaut werden, große drehbare Eistüte auf dem Dach inklusive. Bei jedem Halt wollen die beiden Eis gegen Spenden über die Klapptheke geben – und so ordentlich was in die Kasse bekommen.

Was gut läuft, ist die Ersatzteilbeschaffung über eine Peugeot-J7-Fangruppe im Internet. Beierer, auch Fahrer eines alten Fiat 500, lobt den Zusammenhalt dort. Da werden Teile quer durch Europa beschafft und verschickt. "Die sind unglaublich engagiert und hilfsbereit", sagt der 35-Jährige. Dazu kommt viel Hilfe aus dem Freundes- und Bekanntenkreis: Ein Bekannter hilft beim Schweißen, ein anderer vom Fach hat angeboten, dem alten Transporter in seiner Lackiererei frischen Glanz zu verleihen. Die Farben? Da hat Beierer fast jede Woche eine neue Idee, mal Bordeaux, mal Giftgrün. Doch noch hat er bis zu dieser Entscheidung auch noch ein etwas Zeit.

Was das Team "Ewwer uff Achse" nicht beeinflussen kann: die Ausbreitung des Corona-Virus. Von Dresden aus führt die Route über Budapest, die Karpaten, Sofia, Tirana und Sarajevo zurück nach Salzburg. 13 Länder heißt 13 unterschiedliche Lagen, Einschätzungen und Bestimmungen. Ob es überhaupt auf Achse gehen kann und die Rallye wie geplant in diesem Jahr stattfindet, steht in den Sternen. Noch halten die Veranstalter an der Ausrichtung fest.

Und so machen auch Beierer und seine Helfer weiter. Das Blech im Innenraum ist inzwischen fast vollständig grundiert. Das Dachfenster, für das extra ein neuer Rahmen zur Stabilisierung geschweißt wurde, muss eingebaut werden. Die Schiebetür auf der Beifahrerseite, aus den Niederlanden geliefert, kommt demnächst dran. Dem Innenausbau des 45 Jahre alten Transporters steht dann fast nichts mehr im Wege.

Selbst wenn es wegen Corona mit der Rallye selbst dieses Jahr nichts werden sollte: Bis zum Sommer soll der Peugeot dennoch fertig werden. Für einen etwaigen Ausfall des Balkan-Express hat Beierer schon einen pragmatischen Plan B: "Dann stellen wir uns eben mit dem Eiswagen an den Neckarlauer und sammeln da Spenden", so der Hobby-Restaurator.

Da sieht sich Beierer, im Hauptberuf Leiter des Eberbacher Waldkindergartens, auch bei seinen kleinen Fans in der Pflicht: Ein kleines Mädchen sei samstags, während drin gearbeitet wurde, mit den Eltern an der Werkstatt vorbeigelaufen und habe gefragt, was da gemacht wird. Die Eltern erklärten es ihr. "Seither fragt sie, hat mir die Mutter erzählt, fast jeden Tag nach dem Bus", berichtet Beierer.

Info: Eine Spendenseite unter dem Titel "Fahren für den Hospizverein Eberbach" hat das Team online auf betterplace.org eingerichtet.

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