Aluminium: Gerührt und nicht geschmolzen

2022-09-16 23:51:51 By :

Der Hochleistungswerkstoff Aluminium ist aus dem automobilen Leichtbau nicht mehr wegzudenken: er reduziert das Gewicht und sorgt trotzdem für Stabilität. Ein Manko hat er allerdings: er ist schwer schmelzschweißbar. Das Rührreibschweißen könnte die Lösung sein.

Die Automobilindustrie setzt heute stark auf das Fahren mit grünem Strom – mit dem Ziel das Klima zu schützen und Ressourcen zu schonen. Die E-Mobilität brachte einen tiefgreifenden Wandel, bei dem Leichtbaulösungen mit Aluminiumwerkstoffen im Vordergrund stehen. Gerade der Hochleistungswerkstoff Aluminium ist aus dem automobilen Leichtbau nicht mehr wegzudenken. Ob bei Rahmen von Fahr- oder Motorrädern, bei Auflegern von Lkws, in Profilen von Schienenfahrzeugen, bei Komponenten für die Raumfahrt: Aluminium wird dann als Werkstoff gewählt, wenn es darum geht, Gewicht auf der einen Seite zu reduzieren und Stabilität auf der anderen Seite zu erreichen.

Doch bei allen Vorteilen hat Aluminium auch seine Grenzen. So gilt Aluminium als nicht oder nur schwer schmelzschweißbar. Der Grund ist die Aluminiumoxidschicht. Als Pressschweißverfahren ist Rührreibschweißen anderen Schmelzschweißverfahren überlegen, wenn es darum geht, Aluminiumlegierungen und andere Mischverbindungen zu verarbeiten. Beim Rührreibschweißen werden die Komponenten an der Nahtstelle nicht verschmolzen, sondern miteinander verrührt. Das Verfahren ist auch unter der Abkürzung FSW geläufig. FSW steht für die englische Bezeichnung Friction Stir Welding.

Das Rührreibschweißen ist eine noch recht junge Technologien und wird ständig weiterentwickelt. Bei Konstrukteuren und Technikern in Unternehmen entstehen hierbei viele Fragen: Welche Bauteile können mit dieser Technologie bearbeitet werden, welche Projekte lassen sich damit umsetzen? Wo stößt das Verfahren an seine Grenzen?

Doch zunächst: Was passiert beim Rührreibschweißen? Ein verschleißfester rotierender Pin erzeugt Reibungswärme an der Nahtstelle. Das Material wird plastisch verformbar und entlang der Nahtstelle durch den Reibstift verrührt. Dabei wird der Schmelzpunkt der Werkstoffe nicht erreicht. Das plastifizierte Material wird über die Werkzeugschulter verdichtet – es entsteht eine feste medien- und druckdichte Verbindung zwischen den Werkstücken. Das Rührreibschweißen eignet sich für das Fügen von Nichteisenmetallen und Legierungen mit niedriger Schmelztemperatur und metallische Mischverbindungen.

Der Automobilzulieferer TPV Automotive setzt bei Aluminium-Komponenten bei E-Autos auf die Rührreibschweißtechnologie. Im Werk in Brežice nahe der kroatischen Grenze sind für die Fertigung von Batteriewannen für E-Fahrzeuge sechs FSW-Portalmaschinen von Grenzebach im Einsatz. Die Batteriewannen werden aus verschiedenen Einzelteilen aus zwei verschiedenen Aluminiumlegierungen gefertigt. Vier Deckbleche und neun Strangpressprofile werden zu einer Batteriewanne verschweißt. „Die Batteriewannen müssen zu hundert Prozent dicht geschweißt sein, damit im Falle eines Schadens an der Batterie keine Flüssigkeit austreten kann“, sagt Emir Šoštarec, Supply Chain Manager bei TPV Automotive. Eine FSW-Portalmaschine fertigt rund 80 Batteriewannen pro Tag, die sechs Maschinen können pro Woche 3.000 Teile liefern.

Mit der Rührreibschweißtechnologie lassen sich Werkstücke auf verschiedene Art und Weise verbinden. Klassiker sind der Stumpfstoß und der Überlappstoß. Beim Überlappstoß entsteht die Schweißverbindung und ihre Festigkeit hauptsächlich durch die Verbindungsbreite und nicht durch die Schweißtiefe. Das ist so ähnlich, wenn zwei überlappende Bauteile mit einer Schraube verbunden werden. Hierbei sorgt nicht die Länge der Schraube für eine größere Kraftübertragung, sondern der Durchmesser. Wie groß die Einschweißtiefe nun sein soll gibt bei Schweißbverbindungen im Überlappstoß die Dicke des oben liegenden Blechs vor. Ideal ist eine Pin-Länge, die größer ist als die Blechdicke und eine etwa 1 mm tiefe Einschweißung im unteren Fügepartner ermöglicht. Zu hoch darf die Einschweißtiefe auch nicht sein, denn der Überlappstoß ist unempfindlich gegenüber Toleranzschwankungen.

Beim Stumpfstoß hingegen wird die Verbindungsfestigkeit durch die Schweißtiefe aufgebaut und nicht durch die Schweiß- bzw. Verbindungsbreite. Die Einschweißtiefe sollte möglichst der Dicke der Fügepartner entsprechen. So gilt bei der Einschweißtiefe für beide Schweißstöße: nur so viel wie nötig. Bei Aluminium sind so bei Einschweißtiefen von 3-5 mm Vorschubsgeschwindigkeiten von 1 bis 2 m/min im Schweißprozess möglich.

Doch warum, hat die Einschweißtiefe einen solchen Einfluss? Das plastifizierte Material, das das Reibwerkzeug umströmt, baut einen der Vorschubrichtung entgegengesetzten Staudruck auf. Je länger der Pin ist, desto mehr plastifizierter Werkstoff entsteht. Der Pin wird somit stärker belastet. Übermäßiger Staudruck lässt den Pin brechen oder überlastet die Rührreibschweißanlage. Deshalb empfiehlt es sich, die Einschweißtiefe möglichst gering zu halten.

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Um höhere Schweißgeschwindigkewiten zu erreichen, spielen eine höhere Drehzahl und ein höherer Anpressdruck eine Rolle. Mit zunehmender Schweißtiefe reduziert sich hingegen die Geschwindigkeit. Aber auch der Schweißbahngestaltung hat Einfluss: Ist die Schweißkontur kurvenförnmig, muss die Geschwindigkeit in der oder den Kurven um rund 50 % reduziert werden, damit der Werkstofffluss stabil bleibt.

Eine weitere Größe, die auf die Schweißgeschwindigkeit Einfluss hat, stellt die jeweilige Legierung des zu schweißenden Werkstoffs dar. So lassen sich etwa bei Aluminiumlegierungen der Klasse EN AW 6000 um 30 bis 50 % höhere Geschwindigkeiten realisieren als bei Legierungen der Klasse EN AW 5000. Ermöglicht wird dies durch die unterschiedlichen Fließgrenzen und dem Verformungsvermögen der jeweiligen Legierungen bei erhöhter Temperatur bzw. der Prozesstemperatur.

Die speziell für Rührreibschweiß-Prozesse entwickelte Programmiersoftware erleichtert dem Anwender das Erstellen von Schweißprogrammen. Neben der Programmierung der Schweißbahn und der FSW-Prozessparameter kann auch die Ansteuerung von Spannvorrichtungen / Spannelementen bereits in der CAD/CAM-Umgebung programmiert werden. Die Programmierung erfolgt offline an einem separaten PC, ohne dabei die Anlage zu blockieren. Das fertige Schweißprogramm kann im Anschluss über USB oder Netzwerkverbindung bequem auf die Anlage gespielt werden. Import von 3D-Modellen Wählen der Geometrie, Festlegen des Bahnverlaufs im 3D-Modell Einfache Änderungsmöglichkeiten für die Bahngeometrie Festlegen der FSW-Prozessparameter und -änderung für einzelne Bahnpunkte und Segmente Einfügen von Aktionspunkten im Bahnverlauf Kollisions-Erkennung von Werkzeug und Bauteil Erreichbarkeits-Check Importmöglichkeit unterschiedlicher Reibwerkzeug-Geometrien Anlegen und Verwalten einer Werkzeugdatenbank Dokumentationsfunktion und Rückverfolgbarkeit von z. B. Parameter- oder Bahnänderungen.

So wie E-Fahrzeuge mit Zielrichtung klimafreundlicher Mobilität immer mehr an Fahrt aufnehmen, so kommt für die Produktion von Aluminium-Bauteilen immer häufiger das Rührreibschweißen zum Einsatz. Dabei gilt nicht zuletzt: emissionsfreies Verfahren trifft auf emissionsarme Antriebstechnologie. Im Vergleich zum herkömmlichen Schmelzschweißverfahren wie etwa dem Lichtbogenschweißen werden beim Rührreibschweißen weder Schweißdraht noch Schutzgas oder aufwändige Abluftsysteme benötigt. Darüber hinaus ist die Anwendung geräuscharm und erzeugt keine optische Strahlung.

Gerade die Entwicklungsphase ist entscheidend für den Erfolg der Rührreibschweiß-Technologie. Grenzebach setzt hierbei voll auf Teamarbeit: Im laufenden Austausch mit dem Kunden und auch bei der Bauteilentwicklung als Sparringspartner für FSW. So entsteht ein Produkt gemeinsam Schritt für Schritt – und dazu passend das FSW-Anlagenkonzept.

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